Du hast alle Hebel in Bewegung gesetzt, um endlich den Termin für das Meeting mit dem Geschäftsführer festzulegen. Du hast dich bestens vorbereitet – alle Gesprächspartner sind von dir über die verschiedenen scocial media-Wege durchleuchtet worden. Dann sitzt du gemeinsam mit ihnen in ihrem Konferenzraum. Nach einem kurzen „warm up“ stellst du an den BIG BOSS die Frage aller Fragen: „Um Ihre Wünsche und Bedürfnisse besser zu verstehen, sagen Sie mir bitte doch, was lässt Sie nachts nicht schlafen?“

Eine grausame Frage! Schrecklich! Klischeehaft! Einer meiner Kunden, ein Vorstandsmitglied, sagte mir, dass er den Verkäufer raus wirft, der ihm diese Frage stellt.

(Warum dies eine grausame Frage gerade für einen Interessenten ist, werde ich dir später sagen)

Gute Fragen sind sehr ausdrucksstark. So wie es starke Fragen gibt, gibt es auch armselige Fragen. Hier kommen einige Fragen, die du unbedingt vermeiden solltest:

1. Geschlossene Fragen

Jeder der mit Verkauf zu tun hat weiß doch, dass dies die schlechtesten Fragen gerade in der Bedarfsanalyse sind. Nur offene Fragen führen deinen Gesprächspartner dazu, mehr über sich und sein Unternehmen zu erzählen. Willst du eine langfristige Beziehung zu deinem Gesprächspartner aufbauen, dann ist es wichtig zu wissen wie sie denken und welche Wünsche, Träume und Bedürfnisse sie haben.

Hier kommen einige Beispiele:

Anstelle von: „Wie groß ist Ihr Marktanteil?“ sag doch lieber: „Was haben Sie in den vergangenen Jahren unternommen, um den Marktanteil zu seigern?“

Anstelle von: „Seit wann sind Sie in diesem Job?“ sag doch lieber: „Welches sind die besonderen Herausforderungen in diesem Job?“

Anstelle von: „Wie lang soll das Training gehen?“ sag doch lieber: „Welche Gründe sprechen für ein Training mit Ihren Verkäufern?“

2. Bewertende Fragen

Es gibt Fragen, die sind in Wahrheit nur versteckte Bewertungen, zum Beispiel

„Das willst du doch nicht wirklich tun?“

„Was ist der Grund, dass du immer so spät kommst?“

Bewertende Fragen stoppen die Unterhaltung schon im Ansatz. Es ist so, als würde man den Anderen abschießen.

3. Höhnische Fragen/sarkastische Fragen

Manchmal stellen wir Fragen, die keine richtigen Fragen sind. Sie transportieren nur Sarkasmus und Ärger und zielen auf die Schwachstellen des Gegenübers. Einmal hörte ich wie Eltern ihren Teenager fragten: „Warum glaubst du, das die Hochschule dich – neben den anderen begabten Kindern – aufnehmen sollte?“

Andere Beispiele:
„Du bist immer so launisch – warum sollte jemand eine Beziehung mit dir wollen?“
„Glaubst du wirklich, dass man das akzeptieren kann?“

4. Klischeehafte Fragen

„Was lässt sie nachts nicht schlafen?“ ist so ein Klischee. Viele Verkäufer benutzen diese Frage, seit dem sie im Verkauf sind. Der überwiegende Teil der Verkäufer hat nun wirklich kein Interesse an der Tatsache, warum der Gesprächspartner nachts nicht schlafen kann. Sie meinen, mit dieser Frage könnten sie Vertrauen aufbauen. Geschäftsführer erzählen mir immer, dass dies eine bescheuerte Frage ist und sie zeigt, dass der Verkäufer immer noch nicht seine Hausaufgaben gemacht hat und er von guter Kommunikation nun wirklich keine Ahnung hat.

Des Weiteren ist es eine „Problemfrage“ und die oberen Führungskräfte haben zur Erledigung der Probleme qualifizierte Mitarbeiter eingestellt. Führungskräfte kümmern sich mehr um Wachstum, Profit und Innovationen anstelle von Problemen. Kennst du deinen Gesprächspartner bereits einige Zeit, dann ist es möglich, diese Frage zu stellen: „Okay Hans, was lässt dich nachts nicht schlafen?“

Ein anderes Klischee ist die Frage: „Was hat Sie am meisten überrascht?“ oder „Welche wichtigen Fragen habe ich noch nicht gestellt?“ Das ergibt schon einen bitteren Beigeschmack, wenn dein Gesprächspartner noch darüber nachdenken soll, welche wichtigen Fragen du ihm noch nicht gestellt hast.

Dann gibt es noch die lange Jahre verwendete und immer noch bei vielen beliebte Frage:
„Ich weiß, dass Sie mit Ihrem derzeitigen Lieferanten zufrieden sind – was könnte Ihre Mitarbeiter dazu bewegen, einen neuen Lieferanten auszuwählen?“

Bessere Versionen habe ich für dich hier aufgeschrieben:

Anstelle von: „Was lässt Sie nachts nicht schlafen?“ sag doch:
„Welche Auswirkungen hat die neue Strategie auf Ihren Bereich?“ Oder:
„Wie reagieren Sie auf den neuen Zeit- und Umsatzplan für Ihren Bereich?“ Oder:
„Welches sind die zwei oder drei Punkte, die Sie in diesem Jahr bei den Ressourcen Zeit und Aufmerksamkeit für dieses Jahr als besonders wichtig erachten?“

Anstelle von: „Was hat sie am meisten überrascht im neuen Job?“ sag doch:
„Worauf haben Sie sich in den ersten drei Monaten konzentriert, nachdem Sie im neuen Job gestartet sind?“

Anstelle von: „Was könnte Ihr Management bewegen, einen neuen Lieferanten auszuwählen?“ sag doch lieber: „In welchen Bereichen ist Ihr derzeitiger Lieferant besonders stark und in welchen weniger stark?“ Oder:

„Wann wurde zuletzt ein Lieferantenwechsel durchgeführt und was waren die Gründe?“

5. Selbstverherrlichende Fragen um aufzuzeigen, wie klug der Fragende ist.

Auf einer Abendveranstaltung saß bei uns am Tisch ein Professor. Er erfüllte meine Meinung von einem Professor in höchster Vollendung: er trug eine Fliege und dazu ein Sakko mit aufgenähten Lederapplikationen am Ellebogen. Er hatte die Eigenart, Fragen zu stellen und sie selber zu beantworten. „Ich habe mich schon oft gefragt,“sagte er beim Diner, „warum sagen die Menschen so viele Dinge und tun anschließend etwas völlig anderes? Ich vermute, dass hängt mit unserer Tendenz zusammen, uns selbst zu täuschen.“ Es war einfach nur peinlich.

6. Suggestiv-Fragen

Suggestivfragen sind in hohem Maße „gesprächssteuernd“ um nicht zu sagen manipulativ. Das Ziel einer Suggestivfrage ist, den Gesprächspartner in eine bestimmte Richtung zu lenken. Vor allem in Situationen, in denen er eine zögernde Haltung an den Tag legt und eine Entscheidung schwer fällt, wird sie oft eingesetzt. Doch Vorsicht! Immer mehr Menschen erkennen Suggestiv-Fragen und erleben diese als absolut demotivierend. Die „Hardselling-Schule“ im Verkauf hat diesen Fragetyp dadurch in Verruf gebracht, dass kaufabgeneigte Kunden damit in der Vergangenheit zigfach doch noch zum Kauf überredet wurden.

Hier noch einige Beispiele:

„Die Hose sitzt wie angegossen – meinen Sie nicht auch?“
„Wann haben Sie festgestellt, dass Sie niemals ein Profi-Musiker sein werden?“
„Sie haben doch sicher auch viel Erfahrung im IT-Bereich?“
„Sie legen dich sicher auch viel Wert auf die Sicherheit im Netzwerk?“

ZUSAMMENFASSUNG:

Gute Fragen sind aufrichtig und herzlich. Sie zeigen wahre Neugier. Es sind offene Fragen. Sie kommen an das „Warum sind die Dinge so?“ heran. Sie entwickeln eine logische Schlussfolgerung. Sie fordern Annahmen heraus und stellen eine persönliche Verbindung her. Sie zeigen schnell, wie gut du dich mit den Themen auskennst.

Mein Tipp:

Geh jetzt raus und frag deine Interessenten!

„Erfolgreiche Verkäufer stellen qualifizierte Fragen und bekommen qualifizierte Antworten.
Tony Robbins