Niemand liebt Akquise. Finde dich damit ab.

Anlässlich eines Verkaufstrainings in Bremen fragte mich der Teilnehmer Marco: „Werner, ich brauche deinen Rat. Das erste Telefonat mit einem Interessenten ist sehr schwierig für mich und ich weiß, dass das nur mit meiner mentalen Einstellung zusammenhängt.

Mir geht es da wie dem Schuljungen, der seine Freundin zum Abschlussball telefonisch einladen will und plötzlich der Vater der Freundin am Telefon ist. Im Normalfall bin ich sehr vertrauenswürdig, kenne mich bestens aus mit unseren Produkten und ich versteh auch, beim Interessenten vor Ort schnell abzuschließen.

Das ist alles anders, wenn ich mit einem Interessenten erstmalig telefoniere. Wenn ich es richtig mache, werde ich auf einfache und entspannte Art meine Ziele schneller erreichen und führe auch weniger Preisgespräche. Was soll ich jetzt tun?“

Was mir bei dieser Frage gut gefällt ist die klare Aussage des Teilnehmers. Diese Aussage spiegelt doch die Situation bei vielen Verkäufern wider wenn es um die Kundenakquise am Telefon geht.

Marco – wie viele seiner Vertriebskollegen – kommt morgens froh gelaunt ins Büro mit der Absicht, gleich mit der Akquisition am Telefon zu starten, um neue Interessenten zu gewinnen. Als er unwillig zum Hörer greift und die erste Nummer eintippt – nachdem er sich bereits eine Stunde mit Nebensächlichkeiten beschäftigt hatte – klopft sein Herz, seine Hände werden leicht feucht und insgeheim betet er, dass der Ruf ins Leere geht und sich niemand meldet.

Meldet sich jedoch die Person oder jemand von der Palastwache am Telefon, dann hat er vergessen, was er sagen wollte. Er stammelt am Telefon rum und sein Gesprächspartner sagt:

„Wir haben kein Interesse!“

„Wir sind zufrieden mit dem was wir haben.“

„Ich habe keine Zeit für ein Gespräch mit Ihnen.“

Marco fühlt sich abgelehnt und verwirrt und seine Motivation für weitere Gespräche tendiert gegen Null. Um weitere Telefonate zu vermeiden, bewegt er Unmengen von Papier auf seinem Schreibtisch und geht nur den Aktivitäten nach, die mit Kundenakquise überhaupt nichts zu tun haben. Er versendet E-Mails, verbringt viel Zeit mit seinen social-media-Kontakten, vertrödelt die Zeit mit unnötigen Eingaben in sein CRM-System und jammert gegenüber seinem Verkaufsleiter, dass ihm doch tatsächlich die Zeit fehle für die Kundenakquise am Telefon. Und überhaupt:  der administrative Aufwand wird von Monat zu Monat immer mehr und wie soll er da noch die Zeit für die Kundenakquise finden?

Marco hat ja auch immer so viel zu tun. Allein seine Recherche über Google dauert pro Interessent ca. 6 bis 9 Minuten und hat er sich endlich entschlossen anzurufen, heißt es: „Der ist erst morgen wieder im Haus.“ Schon wieder zehn Minuten seiner kostbaren Zeit vertrödelt.

Ich will da nichts beschönigen. Kundenakquise am Telefon gehört mit zu den gering geschätzten Aktivitäten im Verkauf. Fremde Menschen anzurufen und sie in ihren Aktivitäten zu unterbrechen gehört zu den unangenehmen Aufgaben. Da stößt du in ganz, ganz vielen Fällen auf Ablehnung.

Wer telefoniert schon gerne mit fremden Menschen und will ihnen auch noch etwas verkaufen? Das geht doch gegen unsere Natur.

Es wird immer bestimmte Tage und Gespräche geben, in denen du verzweifelt nach den richtigen Worten suchst und auf Ablehnung stößt. Du wirst in der Kundenakquise am Telefon mehr Ablehnungen bekommen als Zustimmungen.

Die gute Nachricht: Das ist auf allen Akquise-Kanälen so.

Deswegen heißt es ja auch „Kundenakquise am Telefon“ und nicht „Aufträge entgegennehmen.“

Wenn die Kundenakquise am Telefon wirklich einfach wäre, dann wären doch ALLE im Verkauf und wir würden wenig Geld verdienen und lebten sogar noch bei unseren Eltern. Eine schreckliche Vorstellung, oder?

© Werner F. Hahn

Foto: fotolia

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