Schluss mit Verkaufsmythos #2 im Verkauf:

Menschen kaufen nur von Menschen, die sie mögen.

Einige Jahre später saß ich wieder in einem Verkaufs-Training eines anderen Unternehmens. Sie hatten mich eingestellt als ein Vertriebsbeauftragter im Business-to-Business-Bereich. Und wieder stand der Trainer vor der Klasse und sagte: „Denkt immer daran: Menschen kaufen von Menschen, die sie mögen.“ Das habe ich damals sofort auf meine Karte geschrieben und diese Karte hing lange in meinem Büro an der PIN-Wand.

Einige Monate später rief mich ein Interessent an. Zu diesem hatte ich eine gute persönliche Beziehung aufgebaut und wir verstanden uns ganz gut. Mein Angebot lag ihm vor und nun erklärte er mir am Telefon, dass ich den Auftrag doch nicht bekommen werden. Er sagte wörtlich: „Herr Hahn, wir haben Sie sehr gern und Sie haben einen wirklich guten Job mit Ihrer Präsentation gemacht. Wir haben uns entscheiden, das Angebot Ihrer Konkurrenz anzunehmen.“

Ich war total geknickt. Beziehungsaufbau B2B im Vertrieb? Alle Zeichen, die ich aus dem Unternehmen bekommen hatte, zeigten mir, dass ich den Auftrag bekommen würde. Sogar meinem Vertriebsleiter hatte ich versprochen, dass er alles in Stein meißeln könne – der Auftrag war meiner. In dem Telefonat stammelte ich zurück: „Das verstehe ich nicht, ich dachte, dass ich Ihnen alles Informationen gegeben habe, die Sie interessieren.“

Er antwortete: „Okay, einige Punkte haben Sie nicht aufgeführt und Ihr Mitbewerb hat ein Produkt bei dem wir der Meinung sind, dass es besser für unserer Anwendung ist. Wie ich schon erwähnte, wir finden Sie alle ganz nett und sympathisch und Ihre Präsentation war überragend. Sie haben alles richtig gemacht. Die anderen haben einfach eine bessere Lösung für unser Problem. Falls sich etwas ändern sollte, dann werden wir Sie sofort anrufen.“

Au weia! Aus die Maus! Wir hatten das gleiche Produkt und es stellte sich heraus, dass der Mitbewerb ein Problem entdeckt hatte, dass ich nicht gefunden hatte. Ich habe damals noch mehrere Aufträge verloren und langsam reifte die Erkenntnis in meinem Kopf, dass Menschen doch nicht immer von Menschen kaufen, die sie mögen. Es wurde nun ganz einfach für mich:

Menschen kaufen von den Menschen, die ihr Problem lösen.

Mein Ansatz war gewesen, dass ich meinen Charme über den konkreten Inhalten angesiedelt hatte. Versteh mich bitte nicht falsch, manchmal funktioniert das ja auch. Deswegen empfehle ich dir, so weiter vorzugehen. Mein Problem war, dass es nur in einigen Fällen funktionierte und um mittelfristig erfolgreich zu sein, musste ich besser sein als der Durchschnitt.

Bedauerlicherweise setze ja viele Verkäufer auf Charme, Ausstrahlung (Charisma) und ihre besondere Redegabe. Du hast sicher im Moment einige Personen auf dem Schirm. Einige Interessenten fallen ja drauf rein, aber der überwiegende Teil kauft nichts. Das sind denn die Verkäufer, denen die Aussage: „Viel geredet – nichts verkauft“ anhängt. Mein amerikanischer Trainerkollege bezeichnet diese Personen als die „flippers and flappers“ – übersetzt heißt das soviel wie „blättern und labern“.

Wenn du deine Gesprächspartner dazu bringen willst, dass sie dich zuerst kaufen, dann ist das einfach nicht ausreichend. Dafür musst du noch mehr unternehmen.

Mit meiner Philosophie:

Warum die Menschen dich kaufen

wirst du tiefer in eine partnerschaftliche und harmonische Beziehung zu deinen Kunden und Interessenten eintreten. Das öffnet dir die Tür um Probleme zu lösen und Vertrauen aufzubauen mit einer langfristigen Partnerschaft. Es geht nicht mehr um Verkaufen oder Überzeugen, es geht um Beziehungen und Lösungen.

Die Wahrheit: Die Menschen kaufen nicht von Menschen, die sie nicht mögen.

Das muss ich an dieser Stelle auch ganz klar zum Ausdruck bringen. Wenn sie dich nicht mögen, dann werden sie nicht bei dir kaufen. Es sei denn, dass es dringend erforderlich ist und du der einzige Lieferant bist (zum Beispiel der Eisverkäufer am Ostsee-Strand bei Temperaturen um 30 Grad). Vor einiger Zeit hatte ich mit einer Trainingsteilnehmerin ein ausführliches Interview geführt. Sie gehörte zu den Topp-20%-Verkäuferinnen in ihrem Unternehmen und hatte eine besondere Faustregel. Wenn sie emotional mit ihrem Gesprächspartner nicht auf einer Wellenlänge liegt, nimmt sie Abstand vom Akquisegespräch und geht. Es hat für Sie überhaupt keinen Sinn, in eine solche Situation noch Zeit und Geld zu investieren. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass in einigen Fällen die Produkte ideal für ihren Interessenten gewesen wären.

Beziehungsaufbau B2B im Vertrieb – mein Tipp an alle Führungskräfte und Inhaber:

Schauen Sie sich ihr Geschäft intensiv an und denken Sie nach. Ihre Kunden kaufen Ihre Produkte und Dienstleistungen und kommen wieder und kaufen mehr, weil sie Ihre Mitarbeiter mögen. Jetzt wird es ganz einfach: Sobald ihre Kunden ihre Mitarbeiter nicht mehr mögen, werden Sie keine Aufträge mehr bekommen. Ihre Kunden werden sich am Markt umschauen und Verkäufer und Techniker finden, die ihnen das Gefühl geben, dass sie in diesem Kreis besser aufgehoben sind.

Ihre Verkäufer, Marketing-Mitarbeiter, Ihre Techniker tun alles, um dem Kunden das Gefühl zu geben, dass er emotional gut aufgehoben ist. Wenn er Ihre Mitarbeiter nicht mag, werden Sie ihn als Kunden langfristig verlieren.

© Werner F. Hahn

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