Preisverhandlung – wie du die Einkäufer-Taktiken erfolgreich in einen Auftrag wandelst.

Das Gespräch läuft ja meist nach diesem Schema ab:

„Lieber Herr Verkäufer, nachdem wir nun alle uns gemachten Angebote miteinander verglichen haben, ist Ihres in die engere Wahl gekommen.“

Was passiert psychologisch betrachtet?

Mit dieser Äußerung erweckt der Einkäufer bei dir eine positive Erwartungshaltung. „Sie haben gute Chancen, den Auftrag zu bekommen.“ Vorsicht: Der Pferdefuß wird dir umgehend präsentiert! Indem der Einkäufer dann nämlich ergänzt: „Aber über Ihren Preis müssen wir uns noch einmal unterhalten!“ Die Folge: In der „positiven Grundstimmung“ lassen sich nun viele Verkäufer auf eine Preisverhandlung ein. Zu einem viel zu frühen Zeitpunkt! Und, was noch fataler ist, sie liefern mit solchen Fragen

  • „An was denken Sie denn?“
  • „Wo liegen denn Ihre preislichen Vorstellungen?“
  • „Was muss ich tun, um dahin zu kommen, dass ich den Auftrag bekomme?“

dem qualifizierten Einkäufer eine Steilvorlage. Auf die folgt todsicher diese oder eine sehr ähnlich klingende Aussage:

„Als Verkäufer kennen Sie doch Ihre Kalkulation. Nutzen Sie Ihren Spielraum. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich: Am Preis muss sich deutlich was ändern. Also, wie viel bieten Sie?“

Der psychologische Effekt, den sich der Einkäufer davon erhofft, ist, dich als Verkäufer zu verunsichern. Denn was tun viele Verkäufer in dieser Situation? Um den Auftrag nicht zu verlieren, bieten sie einen deutlichen Nachlass an. So ganz nach dem Motto: „Ich kann Ihnen auf unser Angebot noch einen Rabatt von 5 % anbieten.“ Das Problem:

Ein geschulter Einkäufer wird sich damit nicht zufrieden geben. Wer 5 % so freiwillig „herausrückt“, gibt auch mehr! Also geht das Spielchen weiter und Sie bekommen zu hören:

„Na ja, ich sagte schon, Ihre Chancen auf den Auftrag sind ja nun wirklich gegeben. Aber mit nur 5 % kommen wir nicht zusammen …“

Was passiert in den meisten Fällen in einer solchen Preisverhandlung?

Der Verkäufer sieht seine Chancen schwinden und bessert nach. Er bietet einen zusätzlichen Spezial-Rabatt von zum Beispiel 3 % und erklärt dem Einkäufer, dass das ja dann schon 8 % wären, was wirklich ein tolles Angebot ist.

Und was macht der Einkäufer? Der lässt dich schmoren – hat er dich doch genau dort, wo er dich hinhaben wollte: „Okay, dann weiß ich Bescheid. Ich werde mir die Sache überlegen. Rufen Sie mich doch morgen Nachmittag an.“

Und was passiert bis dahin?

Genau. Mit Ihrem Angebot in der Tasche wird der Einkäufer nun die anderen Anbieter unter Druck setzen. Die Todesspirale nach unten ist in Gang gekommen. Und ob du den Auftrag wirklich bekommst – und dann auch noch zu vertretbaren Konditionen – ist mehr als ungewiss.

Doch wie sieht die Lösung aus?

Erinnere dich an den Einstieg des Einkäufers: Er hat dir signalisiert, dass du gute Chancen hast, den Auftrag zu bekommen, aber du musst leider, leider noch etwas am Preis machen. Statt nun gleich die 5 % nachzugeben, wie im Einstiegsbeispiel, antwortest du mit einer „Testfrage“:

„Herr Einkäufer, entspricht denn – abgesehen von der Investition – das Produkt exakt Ihren Vorstellungen?“

Hat der Einkäufer ein ehrliches Kaufinteresse, wird er bejahen. Nun treibst du das Spiel weiter und fragst:

„Nur um sicher zu gehen: Sind, natürlich mit Ausnahme der Investition, aus Ihrer Sicht auch alle anderen Fragen geklärt, also Zahlungsmodalitäten, Bestellvolumen, Lieferzeitpunkte usw.?“

Mit dieser Frage nimmst du dem Einkäufer die Möglichkeit, nachträglich noch weitere Zugeständnisse auszuhandeln.

Jetzt schlägst du zu:

Statt dich auf Preisverhandlungen einlassen zu müssen, ergreifst du die Initiative:

„Wir werden natürlich auch noch einmal über die Investition sprechen, Herr Einkäufer, lassen Sie uns aber zusätzlich einmal die offenen Punkte bezüglich der Rahmenbedingungen abklären, damit wir dann eine wirkliche Grundlage für ein Preisgespräch haben!“

Wenn der Kunde sich hierauf nicht einlässt, kannst du davon ausgehen, dass er nicht wirklich ernsthaft daran denkt, dir den Auftrag zu erteilen! Wenn er aber Interesse hat und sich darauf einlässt, solltest du jetzt zunächst die offenen Punkte durchgehen und so eine sichere Verhandlungsbasis schaffen! Sind alle Punkte geklärt, fasst du zusammen:

„Haben wir nun alle Punkte – bis auf die Investition – geklärt?“

Der Kunde wird in dieser Phase der Verhandlungen – immer ehrliches Kaufinteresse vorausgesetzt – die Frage bejahen. Deine nächste Frage wird zur Schlüsselfrage:

Du versuchst nun, einen eventuellen Nachlass mit der Frage nach dem Auftrag zu verbinden:

„Angenommen, wir beide finden bei der Investitionssumme eine Lösung – bekomme ich heute den Auftrag von Ihnen?“ 

Warum wird die Frage von dir genau so – Wort-für-Wort – gestellt?

Du fragst hier ja nicht: „Angenommen, ich gehe noch einen Euro runter, bekomme ich jetzt den Auftrag?“ Mit deiner Frage holst du dir lediglich vom Kunden die Zusage auf den Auftrag für den Fall, dass man sich preislich einig wird. Das ist ein großer Unterschied.

Tipp:

Wichtig ist, dass du diese Frage nicht mit einem feierlichen Unterton, sondern eher beiläufig stellst. Wenn der Kunde die beiden vorhergehenden Fragen ehrlich bejaht hat, wird er auch diese Frage mit „Ja“ beantworten.

Und wenn der Gesprächspartner in dieser Phase der Preisverhandlung „Nein“ sagt?

Wenn er die letzte Frage verneint, musst du nicht aufstehen und gehen, du solltest dann deinen Standpunkt noch einmal verdeutlichen:

„Herr Einkäufer, ich möchte gern mit Ihnen ins Geschäft kommen, weil ich weiß, dass unser Produkt genau Ihre Anforderungen erfüllt, und ich bin auch bereit, Ihnen entgegenzukommen (nicht: am Preis noch was zu machen)! Aber ich kann nicht einfach so meinen Preis reduzieren, damit würde ich mich selbst unglaubwürdig machen. In dem Fall verzichte ich lieber auf einen Auftrag!“

Mit dieser Reaktion auf diese Einkäufer-Taktiken habe ich in vielen Verhandlungen doch noch die Auftragszusage vom Kunden erhalten.

Wichtig ist, dass du die drei Fragen

  1. „Herr Einkäufer, entspricht denn – abgesehen von der Investition – das Produkt exakt Ihren Vorstellungen?“
  2. „Nur um sicher zu gehen: Sind, natürlich mit Ausnahme der Investition, aus Ihrer Sicht auch alle anderen Fragen geklärt, also Zahlungsmodalitäten, Bestellvolumen, Lieferzeitpunkte usw.?“
  3. „Angenommen, wir beide finden bei der Investitionssumme eine Lösung, bekomme ich heute den Auftrag von Ihnen?“ 

nicht zu früh in der Verhandlung platzierst, also etwa nach dem ersten „zu teuer“, sondern erst nach der Nutzenargumentation.

Der Vorteil dieser Methode in der Preisverhandlung ist, dass du viel eher konkrete Angaben zu den Preisvorstellungen des Kunden bekommst. Denn wenn es das Produkt ist, das der Kunde haben will, wenn – abgesehen von der Investition – alle Punkte klar sind und für den Fall der Einigung auch der Auftrag an dich vergeben wird – warum sollte der Kunde dir keinen Hinweis zu seinen Vorstellungen geben?

Fazit: Wenn du auf diese Art und Weise deine Preisverhandlungen führst, wirst du sehr schnell erkennen, wie deine Chancen tatsächlich stehen. Und wenn deine Chancen schlecht stehen, musst du dich nie wieder preislich ausziehen, ohne je eine Auftragschance gehabt zu haben.

Du wirst damit deinen Stolz als Verkäufer behalten.

Und das Beste: Mit dieser 3-Fragen-Methode kannst du auch jeden weiteren Einwand des Kunden auf seine Ehrlichkeit hin testen.

PODCAST to go: Im Podcast erläutere ich zusätzlich, wie du mit den richtigen offenen Fragen an die wahren Kaufmotive des Einkäufers kommst. Jeder Mensch hat individuelle Kaufmotive – denn es geht nicht darum, was dein Produkt kann, sondern was es dem Anwender bringt.

Bedenke immer, dass ein sparsamer Mensch beim Kauf einer Uhr andere Maßstäbe anlegt als ein prestigeorientierter. Ein risikobereiter Bankkunde legt sein Geld anders an als einer, dem die Sicherheit seines Vermögens das wichtigste Kriterium ist. Der Bequeme will beim PC-Kauf wissen, wie viel Arbeit er sparen kann, der Wissensdurstige möchte viel von der Technik verstehen. Wer einen starken Spiel- und Experimentiertrieb hat, interessiert sich dafür, was man mit dem Gerät alles tun kann.

Deswegen ist die werthaltige und nutzenorientierte Antwort auf die Frage deines Gesprächspartners: „Was bringt mir das?“ so wichtig. Das erläutere ich dir in meinem Podcast – ein Extra-Geschenk über Einkäufer-Taktiken für dich.

© Werner F. Hahn

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