Verkäuferfehler: Die große Versuchung bei „ganz heißen“ Interessenten

Ich träume manchmal von ganz heißen Interessenten, die mich anrufen und sagen: „Wir haben viel Gutes über Sie gehört. Wir wollen schnell eine Entscheidung über neue Verkaufstrainings in unserem Unternehmen. Wir hoffen, dass Sie noch einige Termine frei haben und sofort loslegen können.“

Okay, irgendwann drehte sich meine Phantasie und ich war wieder in der Realität angekommen. Wenn so etwas passiert, dann hängen plötzlich die Früchte am Baum viel tiefer und sind einfacher zu pflücken. Normalerweise bleibe ich ja bei solchen Anrufen ruhig und entspannt – einfach professionell. Aber innerlich schreit mein Körper: „Nimm mich, nimm mich.“

Okay, okay, wenn es hier ein wenig dramatisch wird – allerdings will ich auf den Punkt kommen.

Bei solchen Gelegenheiten komme ich schon manchmal in Versuchung. Und wenn du in einer solchen Situation bist, dann passieren dir ja fatale Fehler. Einerseits behindern sie dann deine gesamten Vertriebsaktivitäten und andererseits bleibt der Erfolg auf der Strecke.

 

Eine wahre Geschichte

Als ich vor einigen Jahren Verkäufer im Tagesgeschäft coachte, klingelte mein Telefon. Ich hörte erst gar nicht richtig hin und verstand nur, dass er von einem namhaften Telekommunikations-Unternehmen war. Das weckte natürlich sofort meine Aufmerksamkeit. Er hatte sich auf meinen Internetseiten umgeschaut, war sehr beeindruckt und hatte großes Interesse an meinen Trainings und Coachings.

Das Unternehmen plante für die Vertriebsmannschaft spezielle Trainings in der Neukundengewinnung. Als ich ihn noch fragte, wer sonst noch mit im Boot sitze, nannte er mir einige Namen bekannter Trainer und ich war stolz, dass ich dazu gehörte.

Mister Telekommunikation hatte dutzende von Fragen über Inhalt, Methodik, Onlinetrainings, Präsentationsformen, Referenzen und viel mehr. Ich beantwortete alle seine Fragen mit Präzision.

Als er nach einem Angebot fragte, entgegnete ich: „Bis wann soll es vorliegen?“ Als er sagte, dass zwei Tage ausreichen, habe ich sofort zugestimmt.

Das Angebot habe ich ihm per Mail zugesandt und beinhaltete alle Themen, die wir besprochen hatten. Es war sozusagen mein „Meisterstück.“ Ich hatte große Hoffnungen, dass meine Kundenbasis jetzt auf einen neuen Level gestellt würde. HURRA!

ERGEBNIS: Von Mister Telekommunikation habe ich nie wieder etwas gehört. Ich habe einige Male bei ihm angerufen – er war nie zu erreichen. Meine Mails und meine Ansagen auf seiner Mobilbox – es passierte nichts. Aus der Traum. Blöd gelaufen.

Lehrstunde

Es war mein eigener Fehler. Im Regelfall vertraue ich meinem gesunden Menschenverstand, der in diesem Fall völlig ausgesetzt war. Irrtümlich meine eigene Begierde

Die Wahrheit ist auch, dass ich zu dem Zeitpunkt den Auftrag unbedingt brauchte. Ich hatte ein weiteres Buch geschrieben und was knapp bei Kasse. Ich sollte es besser wissen, aber ich war geblendet von dieser großen Chance.

Zurückblickend habe ich den Fehler gemacht, ob Mister Telekommunikation nur weitere Optionen sondieren wollte oder ob er nur noch eine Bestätigung für seine Auftragsvergabe an meine Konkurrenten brauchte.

Wenn ich das damals alles gewusst hätte, hätte ich ihm nie ein Angebot geschrieben. Besser wäre es gewesen, ihn dabei zu unterstützen, den echten Nutzen für einen Wechsel zu präsentieren. Mit meinem Wissen wäre es besser gewesen, ihn dabei zu unterstützen, dieses Konzept intern umzusetzen und mein Konzept als die optimale Lösung zu präsentieren.

Immer wieder sehe ich heute, wie viele Verkäufer den gleichen Fehler machen, sobald sie einen heißen Interessenten in der Leitung haben. So wie ich es gemacht habe, arbeiten sie die Möglichkeiten und Vorteile heraus. Sie geben bereitwillig alles geforderten Informationen und erarbeiten stundenlang Angebote oder Präsentationen – alles was der Gesprächspartner haben will.

Damit landest du in der Ecke des „überaus netten Verkäufers.“ Es hilft dir nun wirklich nicht weiter, wenn du viel Zeit und Arbeit in ein Projekt investierst, um letztlich bei einem Phantasie-Kunden zu landen. Das hilft auch deinem Gesprächspartner nicht weiter, die optimale Entscheidung für sein Unternehmen zu treffen.

Wenn Mister Telekommunikation eine Entscheidung in wenigen Tagen treffen wollte, dann hätte ich akzeptieren müssen, dass ich ein kleines Unternehmen bin und mit den großen der Branche in einem solchen Projekt nicht mithalten konnte.

Es wäre doch für ihn ein viel zu großes Risiko gewesen, das Training mit mir alleine durchzuführen. Ich wusste das. Aber ich wollte das Thema nicht ansprechen.

Ich war so blind gewesen, dass ich alle seine Fragen und Wünsche erfüllen wollte. Es war von meiner Seite aus schon wahnhaft, eine reine Träumerei, der siebte Himmel. Erst als ich dieses Stadium erreicht hatte, akzeptierte ich, dass „Hoffung keine Strategie ist.“

Dieses „reinstürzen in die Projektarbeit“ hängt sicher auch damit zusammen, dass die großen Unternehmen einen Riesen-Scheck bereithalten. Mittlerweile weiß ich, dass die kleinen Unternehmen schneller umsetzen und die Rechnung nach acht Tagen bezahlt ist.

Überstürz deine Aktivitäten nicht. Bleib ruhig und entspannt. Mach dich frei von der Phantasie und akzeptier deine wahren Chancen. Bring zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen.

Warum? Weil es für dich und für deinen Interessenten das Beste ist.

 

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